Aufbruch in neue Welten

Gemeinsam Positives bewirken

Aufbruch in neue Welten

So nutzen Hersteller von Raumfahrttechnologien die Blockchain für digitale Zertifizierungen

Beim Bau von Satelliten kommen komplexe Technologien zum Einsatz. Nicht weniger kompliziert sind die Vorgaben der technischen Dokumentation einzelner Bauteile: Kleine Unternehmen wie Micos Engineering aus der Schweiz sind viele Tage mit der Bearbeitung von Zertifikaten in Papierform beschäftigt. Gemeinsam mit Micos und der FH Nordwestschweiz (FHNW) entwickelt 4eyes eine Blockchain-Lösung, um die Zertifizierung sicherer und schneller zu gestalten. Das Projekt DCCTS (Decentralized Certificate Tracking System) erleichtert KMU die Dokumentation entlang der Lieferketten in der Luft- und Raumfahrtindustrie.

Die Verwaltung nimmt Überhand

Kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie folgten wir der Einladung der EPFL, im Rahmen eines EMBA-Kurses einen Gastvortrag über die Blockchain zu halten. Daraus ergab sich ein Gespräch mit dem tollen Team von Micos Engineering GmbH, einem Advanced-Engineering-KMU aus Dübendorf, das sich auf die Systemtechnik für optische Messgeräte für die europäische Raumfahrt konzentriert. 

Micos hat jahrelange Erfahrung in den Bereichen Design, Engineering, AIT (Assembly, Integration and Verification) – und einen gewaltigen Zeitaufwand bei der Dokumentation von technischen Komponenten für die Raumfahrt. Denn ein grosser Teil der Arbeit besteht darin, Papierberge für die technische Dokumentation einzelner Komponenten abzuarbeiten.

Micos, FHNW und 4eyes nutzen das Potential der Blockchain. © 4eyes GmbH

Die Raumfahrtindustrie verlangt eine strenge Dokumentation, um die hohen Qualitätsstandards der verschiedenen Komponenten zu gewährleisten. Von einzelnen Schrauben bis hin zu Leitsystemen müssen Zertifikate ausgestellt und Arbeitsschritte entlang der gesamten Lieferkette dokumentiert werden. Die dabei entstehenden Aktenberge sind enorm: Ingenieurinnen und Ingenieure, aber auch geschäftsführende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbringen mitunter Tage mit der Bearbeitung der erforderlichen Papiere. Da die Entwicklung von Technologien für die Raumfahrt eine Herzensangelegenheit für das Team von Micos ist, tut die verlorene Zeit doppelt weh. Denn anstatt sich die Köpfe beim Bau optischer Systeme zu zerbrechen, werden Zeit und Ressourcen in die Bearbeitung von Formularen gesteckt.

Natürlich steht ausser Frage, dass sensible Elektronik zum Bau von Satelliten und Raumstationen gründlich überprüft werden muss. Aber dass die Dokumentation auf Papierbasis erfolgt, macht in Zeiten der digitalen Transformation keinen Sinn. Dafür gibt es eine Lösung – die Verlagerung der gesamten Dokumentation in die Blockchain.

Die Vorteile der Blockchain

Die erste Saat der Zusammenarbeit mit Micos Engineering wurde noch im ersten Gespräch gelegt. Wir diskutierten über den Einsatz der Blockchain und eine deren Kernfunktionen: Die nachvollziehbare und fälschungssichere Dokumentation von sensiblen Daten. Rasch war klar, dass die Blockchain die passende Lösung für zahlreiche Probleme kleiner KMU ist.

Es gibt viele Möglichkeiten, die Echtheit von Dokumenten zu überprüfen. Wasserzeichen, Unterschriften und Siegel sind jedoch Methoden, die ausschliesslich mit physischen Papieren funktionieren. Dokumente in digitaler Form können hingegen verändert und kopiert werden. Es gibt Dienstleister, die ein sicheres und verifiziertes Dokumentenmanagement anbieten – allerdings zu hohen Preisen und durch die Einbindung von Dritten.

Über die Blockchain lassen sich vertrauenswürdige Transaktionen durchführen und digitale Dokumente fälschungssicher austauschen. Da die Authentifizierung in digitale Dokumente selbst eingebettet und einem geschlossen Nachverfolgungssystem – der Blockchain – gespeichert werden, sind Manipulationen unmöglich. Grosse Papiermengen könnten digitalisiert und mit der Hilfe digitaler Tools zeitsparend bearbeitet werden. 

KMU wie Micos hätten so Zeit, die Entwicklung von innovativen Systemen für die europäische Raumfahrt voranzutreiben.

Beispielhafte Darstellung von Blöcken in einer Blockchain. Mehr darüber in unseren Einführungskursen. © 4eyes GmbH

Erleichterung für KMU schaffen

Micos Engineering entwickelt innovative Lösungen und Zukunftstechnologien auf internationaler Ebene. Jede Stunde, die durch die Bearbeitung von Papierkram verloren geht, hat spürbare Konsequenzen – dafür reicht ein Blick auf das Lohnniveau in der Schweiz. Gemeinsam entwickeln wir deshalb eine Lösung für Probleme in der echten Welt, die den Verwaltungsaufwand minimiert und Ressourcen für die Bearbeitung von Kernaufgaben schafft. Gemeinsam können wir so positives bewirken und die Arbeit von KMU auf mehreren Ebenen erleichtern.

Die gemeinsame Vision und die Wahl der Technologie standen fest. Weniger klar war hingegen die Frage der Finanzierung: Als kleines Unternehmen aus der Nähe von Zürich verfügt Micos Engineering nicht über die Mittel, um eine derart komplexe Technologie zu entwickeln.

Rasch fanden wir heraus, dass das Swiss Space Office (SSO) Förderungen für innovative Unternehmen und Projekte im Space Bereich vergibt. Die eidgenössische Raumfahrtbehörde ist als Teil der European Space Agency (ESA) daran interessiert, die europäische Raumfahrt zu fördern. 

Innovativ und in der Raumfahrt tätig – diese Kerneigenschaften treffen auch auf Micos Engineering zu. Gemeinsam machten wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Forschungspartner. Diesen fanden wir mit der FHNW, die einen Forschungsschwerpunkt auf neue Technologien wie Blockchain oder künstliche Intelligenz zum Management komplexer Systeme legt. Das Kompetenzzentrum «Blockchain» ist seitdem unser forschungsorientierter Inputgeber für das gemeinsame Projekt.

Als Dreiergespann bewarben wir uns für eine Förderung und erhielten den Zuschlag. Unser Lieferobjekt: Ein Prototyp zur dezentralisierten Erfassung von Zertifikaten, der unter Laborbedingungen funktioniert. Die gemeinsame Technologie wurde von uns DCCTS – Decentralized Certificate Tracking System – getauft.

Die Entwicklung von DCCTS

ISS: Man kann sich kaum vorstellen, wieviele Dokumente und Formulare dazu notwendig waren. © Photo: ESA

DCCTS nutzt dezentrale Technologien, um die Verfolgung und Koordination der gesamten Lieferkette in der Luft- und Raumfahrtindustrie zu erleichtern. Das Projekt legt die Basis für ein System, welches ein umfassendes und dezentrales Zertifikatsmanagement für Aerospace Product Supply Chain Participants (APSCPs) ermöglicht. Ein komplexes Unterfangen, welches grosse Datenmengen entlang der Blockchain speichern und verwalten muss. 

Für die Erstellung eines Prototypen nutzen wir Hyperledger Fabric und das Interplanetary File System (IPFS) zum Verwalten der anfallenden Datenmengen. 

Mehr zum technischen Rückgrat von DCCTS gibt es im nächsten Teil !

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Titelbild: ©Planetary Visions (credit: ESA/Planetary Visions), ISS © ESA